Olivia Kroth: Russlands Rückkehr nach Vietnam

Russlands Rückkehr nach Vietnam

von Olivia Kroth

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Am 10. November 2017 nahm Russlands Präsident Wladimir Putin am 25. Gipfeltreffen des Wirtschaftsforums von APEC in Vietnam teil. Bei dieser Gelegenheit unterhielt er sich mit dem vietnamesischen Präsidenten Tran Dai Quang in Danang, wo das Treffen stattfand. Die beiden Staatsführer diskutierten Themen der bilateralen Kooperation, die «gut voran geht», wie Wladimir Putin bemerkte. 

Danang in Vietnam

Wladimir Putin gratulierte seinem vietnamesischen Kollegen für die erfolgreiche Ausrichtung des APEC-Forums. Vietnams Präsident dankte seinerseits für «die Unterstützung unserer Menschen, welche kürzlich durch den Taifun Damri Schaden erlitten. Wir schätzen die humanitäre Hilfe sehr, die uns durch Russland zuteil wurde.»  Wladimir Putin antwortete: “Ich möchte mein Beileid ausdrücken, dass Menschen ihr Leben verloren und die zentralen Regionen von Vietnam durch den Taifun grossen Schaden erlitten. Was die humanitäre Hilfe betrifft, so ist dies ganz natürlich, dass wir helfen, insbesondere solch langjährigen Freunden wie Vietnam. Ich bin sicher, dass Vietnam mit diesen Problemen selbst fertig wird. Dies ist ein Zeichen der Aufmerksamkeit und des Respekts für das vietnamesische Volk” (Kremlin.ru, 10.11.2017). Die russische Regierung sandte humanitäre Hilfe nach Vietnam, nachdem der Taifun Damri 90 Menschen getötet und den zentralen Landesteil durch Überflutung und Erdrutsche geschädigt hatte. Dabei wurden mehr als 1.300 Häuser zerstört und 115.000 Fischerboote beschädigt oder versenkt (VIETNAM EXPRESS INTERNATIONAL, 09.11.2017).

Russlands Beziehungen zu Vietnam bestehen seit Januar 1950, als eine sowjetische Botschaft in Nordvietnam eingerichtet wurde. Die UDSSR war ein treuer und starker Verbündeter für Vietnam. Auch nach Auflösung der Sowjetunion 1991 blieben die freundschaftlichen Beziehungen erhalten. Viele vietnamesische Studenten studieren heute mit Hilfe von Stipendien der russischen Regierung in der Russischen Föderation.

Ville de Da Nang Hue, départ d'une journée pour Da Nang 2020 ...

Tempel in Danang

Ein vietnamesischer Diplomat in Russland erklärte, dass heutzutage «Vietnam eine besondere Rolle in Russlands Politik ‘Blick nach Osten’ spielt. Vietnam ist ein zuverlässiger Partner für Russland. Das Land liegt auf einer wichtigen Seeroute Russlands zum asiatischen Pazifik. Vietnam erneuerte 2001 die strategische Partnerschaft mit Russland und baute sie 2012 weiter aus. Beide Seiten arbeiteten in verschiedenen multilateralen Foren zusammen, zum Beispiel bei den Vereinten Nationen und ASEAN.  So konnten sie ihren Beitrag leisten, um Frieden und Stabilität in der Region des asiatischen Pazifik und der gesamten Welt zu erhalten. Russland hat Vietnam auch als Gastgeberland für APEC 2017 unterstützt», sagte der vietnamesische Botschafter in Russland, Nguyen Thanh Son (VIETNAM PLUS, 23.06.2017).

In seiner Ansprache für den 25. APEC-Gipfel in Danang erklärte der russische Präsident Wladimir Putin einen der Gründe, warum Vietnam für Russland wichtig ist:  “Als eine eurasische Grossmacht mit riesigem Territorium im Fernen Osten, welcher bedeutendes Potential enthält, ist Russland an der erfolgreichen Zukunft der Region Asien-Pazifik interessiert. Deshalb unterstützt Russland das nachhaltige und umfassende Wachstum des gesamten Territoriums. Vietnam war der erste Staat, welcher die Vereinbarung über Freihandel mit der Eurasischen Wirtschaftsunion unterzeichnete. Als Ergebnis ist unser Handel in verschiedenen Bereichen stark angewachsen» (TASS, 09.11.2017). Die Gründung der Eurasische Wirtschaftsunion war Wladimir Putins Idee. Russland kooperiert in dieser Union mit Armenien, Kasachstan und Kirgisien.

APEC-Gipfel 2017 in Vietnam: Russlands Präsident Wladimir Putin im Gespräch mit dem vietnamesischen Präsidenten Tran Dai Quang

Nun will der russische Präsident eine ‘Grössere Eurasische Partnerschaft» aufbauen. In seiner Rede auf dem APEC-Gipfel sagte er: “Ich möchte die Idee erwähnen, eine Grössere Eurasische Partnerschaft zu erschaffen. Wir schlagen vor, sie auf der Basis der Eurasischen Wirtschaftsunion und des chinesischen Projekts ‘Ein Band, Eine Strasse’ einzurichten. Dies ist ein flexibles, modernes Projekt, welches auch anderen Teilnehmern offensteht. Als Grundlage für effektive Integration sollen Infrastruktur, inklusive Transport, Telekommunikation und Energie dienen. Jetzt ist Russland dabei, aktiv seine See- und Flughäfen im russischen Fernen Osten zu modernisieren. Wir entwickeln transkontinentale Zuglinien, legen neue Gas- und Erdölleitungen. Wir haben uns verpflichtet, Projekte der bi- und multilateralen Infrastruktur zu implementieren, die unsere Märkte und Wirtschaftsbereiche miteinander verbinden werden” (TASS, 09.11.2017).

Bereits Ende Juni 2017 wurden bilaterale Wirtschaftsverträge unterzeichnet, als der vietnamesische Präsident Moskau besuchte. Tran Dai Quang und Wladimir Putin bezeugten besonderes Interesse an der Stärkung wirtschaftlicher Kooperation. Sie vereinbarten, über $10 Milliarden in 20 Projekte zu investieren, unter anderem ein russisch-vietnamesisches Projekt für Erdöl und -gas, die Konstruktion von Leichtindustrie in Moskau und Projekte der vietnamesischen Firma TH für Milchprodukte in einigen russischen Gegenden. Weitere $500 Millionen sollen in Projekte fliessen, die ein hohes Potential für bilaterale Kooperation in neuen Bereichen aufweisen, insbesondere Landwirtschaft oder medizinische Kräuter. Beide Länder vereinbarten als ehrgeizige Zielvorgabe, bis 2020 ihr bilaterales Handeslvolumen auf  $10 Milliarden zu erhöhen.

Vietsovpetro

Erdöl und -gas werden die Prioritäten der Kooperation sein, sagte Präsident Putin. Vietsovpetro, ein russisch-vietnamesisches Gemeinschaftsunternehmen, fördert ein Drittel des Rohöls in Vietnam. Präsident Putin verkündete, dass Russland sich verpflichtet habe, Vietnam mit Flüssiggas und anderen Brennstoffen zu versorgen. Russische Firmen seien auch bereit, Vietnams Kraftwerke zu modernisieren und zu helfen, dass im Land neue Kraftwerke errichtet werden. Bald werden Gemeinschaftsunternehmen eingerichtet, die Autos in Vietnam bauen. Die Zusammenarbeit in den Bereichen von Energie und Infrastruktur wurde intensiviert. Beide Seiten denken zudem über die Möglichkeit nach, ihre Kooperation in der Nutzung von Kernenergie für friedliche Zwecke fortzusetzen. Die Präsidenten von Russland und Vietnam waren bei der Zeremonie der Vertragsunterzeichnungen anwesend, inkluse dem Vertrag zur Einrichtung eines Kerntechnologie- und Wissenschaftszentrums in Vietnam. Hierfür sind das vietnamesische Ministerium für Wissenschaft und Technologie sowie die russische Rosatom-Gruppe verantwortlich.

Auch ein Memorandum über technische Kooperation beider Staaten wurde unterzeichnet, weiterhin ein Programm für Kooperation der vietnamesischen Akademie der Wissenschaften mit der russischen Firma Roskosmos in Weltraumtechnologie für die Jahre 2017 bis 2022. Zudem wurde eine Vereinbarung zwischen der vietnamesischen und der russischen Eisenbahn geschlossen. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Vietnam und Russland sind gut vorangeschritten. In beiden Ländern werden Projekte im Bereich Erdöl und -gas implementiert. Der bilaterale Handel erreichte 2016 ein Volumen von $2.7 Milliarden, 25 Prozent mehr als 2015. In den ersten vier Monaten des Jahres 2017 stieg diese Zahl um 30 Prozent weiter an und erreichte $1.1 Milliarden. Die Expansion der Partnerschaft im Bereich der Autoproduktion war gleichfalls erfolgreich (VIETNAM ECONOMIC TIMES, 30.06.2017).

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Vietnam: Bucht von Cam Ranh

Militärische Hilfe ist ein anderer Bereich der russisch-vietnamesischen Kooperation. Im November 2010 hatte man russische Experten eingeladen, den Marinestützpunkt Cam Ranh zu modernisieren. Die Bucht von Cam Ranh befindet sich in der vietnamesischen Provinz Khanh Hoa, etwa 290 Kilometer nördlich von Ho-Tschi-Minh-Stadt, vormals Saigon. Die Bucht war schon immer von militärischer Bedeutung für Russland. 1905 nutzte die Flotte des Zarenreiches unter Admiral Sinowi Petrowitsch Roschestwenski (1848-1909) diese Bucht während des Russisch-Japanischen Krieges von 1904/1905. Ab 1979 war die sowjetische Pazifikflotte dauerhaft an dem Marinestützpunkt stationiert, dem grössten sowjetischen Marinestützpunkt ausserhalb der Sowjetunion. Bis 1987 war er zur vierfachen Grösse ausgebaut worden.

Im Mai 2002 zog sich die Russische Föderation aus Cam Ranh zurück. Nach einer Pause von zehn Jahren wollten die Russen ab 2013 wieder in Cam Ranh präsent sein und schickten General Sergej Schoigu  nach Vietnam, um Details mit der vietnamesischen Regierung auszuhandeln. Ein Jahr später, im November 2014, beschlossen Russland und Vietnam eine erleichterte Prozedur für die Einfahrt russischer Kriegsschiffe in Cam Ranh. «Diese Vereinbarung wurde am 25. November (2014) in Sochi unterzeichnet, als der Generalsekretär der vietnamenischen kommunistischen Partei, Ngyen Phu Trong, Russland besuchte. Die erleichterte Prozedur verlangt nur, dass russische Kriegsschiffe, welche sich dem vietnamesischen Hafen nähern, der Hafenverwaltung ihre Einfahrt signalisieren» (TASS, 27.11.2014).

Seit 2011 verkauft Russland Kriegsschiffe an die vietnamesische Marine: das Schiff Dinh Tien Hoang (HQ-011) im März 2011 und Ly Thai To im August 2011. Diese Fregatten der Gepard-Klasse «haben sich bewährt», wie General Pham Ngoc Minh mitteilte. Im Jahr 2016 wurden zwei weitere Fregatten der Gepard-Klasse von Russland nach Vietnam geliefert. Diese Fregatten besitzen Aufbauten mit ‘Stealth’-Eigenschaften und sind für den Betrieb der Bordhubschrauber Ka-28 und Ka-31 ausgestattet. Die Reichweite beträgt bei 10 km 5.000 Seemeilen. Die Fregatten besitzen modernes Gerät zur U-Jagd mit Radar und Sonar, elektronische Waffen, zwei 533 Milometer Torpedorohre, Wasserbomben und einen RBU-6000 Raketenwerfer gegen U-Boote (THE DIPLOMAT, 18.05.2016).

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Verteidigungsminister der Russischen Föderation: General Sergej Schoigu

Vietnam erwarb ausserdem sechs Projekt 636 Jagd-U-Boote der dieselelektrisch angetriebenen Kilo-Klasse. Die U-Boote des Projekts 636 sind mit sechs Torpedorohren bewaffnet und können Kalibr-Marschflugkörper einsetzen. Von diesen durch die Torpedorohre ausgestoßenen Waffen werden vier Stück in Ergänzung zu 14 Torpedos mitgeführt. Die russische Firma Rosoborenexport und die vietnamesische Regierung unterzeichneten 2009 einen Vertrag zum Kauf der sechs Jagd-U-Boote sowie Training von Besatzung. Die Lieferung der Boote begann 2013 und ging im Januar 2017 zuende. Im März 2017 wurde im Marinestützpunkt Cam Ranh eine Taufzeremonie gehalten, an welcher der vietnamesische Verteidigungsminister Nguyn Xuan Phuc teilnahm. Die letzten beiden aus Russland eingetroffenen Jagd-U-Boote erhielten die Bezeichnungen Da Nang (HQ 186) und Ba Ria Vung Tau (HQ 187). Die ersten vier heissen Ha Noi (HQ 182), Ho Chi Minh City (HQ 183), Hai Phong (HQ 184) und Khanh Hoa (HQ 185).

Kulturelle und touristische Aktivitäten sowie Programme zum Austausch von Studenten bringen einen zusätzlichen Vorteil von Russlands Rückkehr nach Vietnam. Interessante Kulturveranstaltungen werden von den Botschaften und Konsulaten beider Länder organisiert. Vietnam hat eine Botschaft in Moskau und ein Generalkonsulat in Wladiwostok. Die Russische Föderation wird in Vietnam durch ihre Botschaft in Hanoi und das Generalkonsulat in Danang repräsentiert.

Laut einer Umfrage ist Vietnam weltweit eines der Länder mit der höchsten Rate des Vertrauens in Präsident Putin: 80 Prozent. Seit sowjetischer Zeit lieben die Vietnamesen Russland und alles, was russisch ist. Denn sie wissen, dass die russische Regierung die Freiheit der Völker repektiert. Das Vertrauen basiert auf einer langen Geschichte persönlicher Beziehungen. Dazu gehören auch die positiven Erfahrungsberichte von vietnamesischen Immigranten in Russland.

Ho Tschi Minh (1890-1969)

Der kommunistische vietnamesische Staatschef Ho Tschi Minh (1890-1969) besuchte 1925 zum ersten Mal und 1927 zum zweiten Mal die Sowjetunion. Sein Mausoleum aus Granit in Hanoi ist Lenins Mausoleum in Moskau nachempfunden. Ho Tschi Minh sagte einst: «Denk daran, der Sturm ist eine gute Gelegenheit für die Pinie und die Zypresse, ihre Stärke und Stabilität zu zeigen!» Beide Länder, Russland und Vietnam, haben bereits einige Stürme in ihrer ereignisreichen Geschichte überstanden. So erhielten beide Nationen Gelegenheit, wie die Zypresse und die Pinie ihre Stabilität und Stärke zu beweisen.

Olivia Kroth: Die Journalistin und Autorin von vier Büchern lebt in Moskau.

Ihr Blog:

http://olivia2012kroth.wordpress.com

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Acerca de olivia2010kroth

Writer, journalist: The Duran https://olivia2010kroth.wordpress.com
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