Russland und Myanmar: «In der Not bewährt sich die Freundschaft»
von Olivia Kroth
Russlands Außenpolitik hat die Blickrichtung von West nach Ost gewechselt, mit starkem Fokus auf Südostasien. Einer dieser südostasiatischen Staaten ist die Republik der Union von Myanmar. Das Land verfügt über natürliche Ressourcen und eine interessante geografische Lage. Die Republik der Union Myanmar grenzt an Bangladesch, China, Indien, Laos, Thailand und den Golf von Bengalen. So stellt sie einen wichtigen Knotenpunkt zwischen Ost-, Süd- und Südostasien dar (SAGE JOURNALS, 01.08.2015). Seit dem Beginn der 1950er Jahre kooperierte Myanmar – damals noch Burma genannt – mit der Sowjetunion. Diese fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Myanmar und der Russischen Föderation wird im 21. Jahrhundert fortgesetzt und intensiviert.
Ludmila Lutz-Auras schreibt in ihrem interessanten Artikel „Russland und Myanmar – Freunde in Not“, publiziert im Journal of Current Southeast Affairs (SAGE JOURNALS), über Burma nach dem Tag seiner Unabhängigkeitserklärung am 4. Januar 1948. Nach einer langen Zeit antikolonialer Kämpfe gegen die britische Besatzung und Ausbeutung habe das Land vor vielen schwierigen Herausforderungen gestanden.
Mitte der 1950er Jahre begann ein Dialog zwischen der Sowjetunion und Myanmar, damals noch Burma genannt. Er bereitete den Boden für gemeinsame Interessen. Die UdSSR leistete Burma (Myanmar) technische und materielle Unterstützung. Sowjetische Spezialisten halfen beim Wiederaufbau der Städte. Sie installierten ein technologisches Institut in Rangun, das heute Yangon heißt, außerdem bauten sie ein Hotel mit 206 Zimmern am Ufer des Inya-Sees und ein Krankenhaus in Taunggyi.
Tempel in Mandalay bei Sonnenuntergang:
Unter Präsident Wladimir Putin setzte die Russische Föderation den Aufbau der Kooperation mit der Region Südostasien fort. Myanmar spielte eine Schlüsselrolle in dieser Strategie und diente als Brücke zwischen China und Indien. Russland und Myanmar konnten ihre Beziehungen im Verteidigungs- und Energiesektor stärken. Als General Maung Aye im April 2006 Moskau besuchte, unterzeichneten beide Seiten Vereinbarungen über die Zusammenarbeit im Ölsektor, die Bekämpfung des Drogenhandels und den Schutz geheimer Informationen.
2007 legten China und Russland gemeinsam ihr Veto ein gegen eine Resolution, die Myanmars Menschenrechtsbilanz bei den Vereinten Nationen kritisieren wollte. Die Politiker von Myanmar dankten Russland für das Veto gegen diese Resolution. Eine Koalition mit Russland bringt dem kleinen Land in Südostasien die Unterstützung eines starken Landes in internationalen Foren. Auf der anderen Seite hat Russland im südostasiatischen Raum Fuß gefasst.
Das 2009 von Präsident Dmitri Medwedew verabschiedete und 2013 von Präsident Wladimir Putin erneuerte „außenpolitische Konzept der Russischen Föderation“ rückt den asiatisch-pazifischen Raum als oberste Priorität der Außenpolitik Russlands stärker in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang stellt Russland die Relevanz Südostasiens als Kraftwerk des Wachstums fest.
Seit 2010 erhält Myanmar zunehmend Aufmerksamkeit. Myanmars Wirtschaft eröffnet neue Möglichkeiten für ausländische Investitionen. Das ländliche, dicht bewaldete Land ist reich an natürlichen Ressourcen: Edelsteine und Mineralien, Gas und Öl, Teakholz. Im Gegensatz zu westlichen Ländern unterbrach Russland nie den Kontakt zu Myanmar.
Dmitri Medwedew und Wladimir Putin:
Im Jahr 2013 erteilte Myanmar dem russischen Ölkonzern Baschneft International das Recht, den Onshore-Energieblock EP-4 mit einer Fläche von 841 Quadratkilometern im Zentralbecken des Landes zu entwickeln. Mit einer Investition von rund 38,3 Millionen USD fungiert der sechstgrößte Ölproduzent Russlands, Baschneft, mit einem Anteil von 90 Prozent als Hauptbetreiber des Unternehmens, während Sun Apex Holdings Limited aus Myanmar die restlichen 10 Prozent besitzt.
Russland wolle seine wirtschaftlichen Beziehungen zu Myanmar stärken, verkündete Präsident Putin während des Russland-ASEAN-Gipfels in Sotschi im Jahr 2016 bei seinem Treffen mit Htin Kyaw, der zu dieser Zeit Präsident von Myanmar war: „Man sollte ehrlich zugeben, dass das Niveau unserer Handels- und Wirtschaftsbeziehungen vorerst nicht sehr hoch ist, aber es gibt ein gutes Potenzial zur weiteren Entwicklung. Dies gilt für die Politik, Wirtschaft und militärisch-technische Zusammenarbeit“ (TASS, 19.05.2016).
Auf dem Russland-ASEAN-Treffen in Sotschi gab das russische Exportunternehmen Rostec sein Interesse an der Lieferung von High-Tech-Produkten nach Myanmar bekannt: „Rostec ist an einer Zusammenarbeit mit der Republik der Union Myanmar im Bereich Hightech interessiert und will Industrieprodukte verkaufen. Wir sind bereit, Hubschrauber, Lastkraftwagen, Energie- und Gaspumpen, moderne Beleuchtungssysteme, medizinische Geräte und Flugsicherungssysteme zu liefern» (TASS, 19.05.2016).
Ein Jahr später, im Jahr 2017, unterzeichneten Russland und Myanmar ein Abkommen über die Einrichtung einer russischen Handelsmission in Yangon. Die Mission soll den Ausbau der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen erleichtern und zur Organisation internationaler Ausstellungen auf dem Territorium beider Länder beitragen. Im August 2017 wurde die erste Lieferung von Kamaz-Lastwagen über die Handelsmission nach Myanmar geschickt.
Die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Myanmar begann in den 1990er Jahren und gewann in den 2000er Jahren an Dynamik. Im Jahr 2001 verkaufte Russland vier Düsenjäger Mig-29 an Myanmar, weitere zehn folgten im Jahr 2002. Im Jahr 2006 eröffnete die russische Firma MiG ein Büro in Yangon. Im Jahr 2009 unterzeichnete das staatliche Unternehmen Rosoboronexport einen Vertrag über die Lieferung von zwanzig weiteren MiG-Produkten nach Myanmar.
Mehr russische Kampfjets wurden im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts geliefert. Im Jahr 2018 verkaufte Russland sechs Kampfflugzeuge SU-30 nach Myanmar. Russlands stellvertretender Verteidigungsminister, General Alexander Fomin, sagte, dass dieses Flugzeug «das wichtigste Kampfflugzeug der Luftwaffe von Myanmar sein werde, um die territoriale Integrität des Landes zu schützen und alle terroristischen Bedrohungen abzuwehren.»
Russischer Kampfjet SU-30:
Ihm zufolge stellten die russischen Rüstungsgüter ihre Fähigkeiten bereits unter Beweis bei den Streitkräften in Myanmar. „Dies sind insbesondere die Hubschrauber Mi-24, Mi-35 und Mi-17; das Kampfflugzeug MiG-29; das Trainingsflugzeug Yak-130; das Luftverteidigungssystem Pechora-2 und andere Ausrüstung “, spezifizierte er.
General Alexander Fomin berichtete auch, dass mehr als 600 Militärs aus Myanmar an den militärischen Hochschulen Russlands studieren. «All dies trägt dazu bei, die Sicherheit in Südostasien und im pazifischen Raum im Allgemeinen zu verbessern», sagte der stellvertretende russische Verteidigungsminister (TASS, 22.01.2018).
Russisches Ausbildungsschiff «Perekop » der Baltischen Flotte:
Im April 2019 besuchte eine Delegation aus Myanmar russische Verteidigungsunternehmen und nahm an der 8. Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit teil. Auf der Tagesordnung standen „wichtige Fragen, die sich bei der Formulierung von Ansätzen zur internationalen Sicherheit ergeben, sowie ein Meinungsaustausch über moderne militärische Gefahren und Bedrohungen, einschließlich der Modernisierung des Rüstungskontrollsystems. Die Teilnehmer diskutierten die Situation im Nahen Osten, in Asien, Afrika und Lateinamerika“ (TASS, 24.04.2019).
Ein Schiff aus Russlands Baltischer Flotte wurde im November 2019 nach Myanmar geschickt. „Das Ausbildungsschiff Perekop der Baltischen Flotte mit über 100 Kadetten der Pazifischen Marinehochschule an Bord machte im Hafen von Yangon in Myanmar Halt. Der viertägige Besuch fand statt, um die Schiffsvorräte aufzufüllen. Zudem erhielten die russischen Kadetten der Marinehochschule eine Gelegenheit zur Besichtigungstour und Ruhepause. Die Kadetten üben die Navigation und verbessern ihre Fähigkeiten, das Schiff in den südlichen Breiten des Pazifiks und des Indischen Ozeans zu steuern“ (TASS, 13.11.2019).
Der Hafen von Yangon:
Im August 2020 nahm eine Militärdelegation aus Myanmar am Internationalen Armeeforum 2020 in der Nähe von Moskau teil. Russlands stellvertretender Verteidigungsminister, General Alexander Fomin, traf sich mit dem Generalstabschef der myanmarischen Streitkräfte, General Mya Tun Oo, um die militärische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu erörtern. General Mya Tun Oo flog vom 23. bis 29. August nach Moskau, um an der Eröffnungsfeier der Internationalen Armeespiele 2020 und des Internationalen Militärtechnischen Forums der Armee 2020 teilzunehmen, die im Ausstellungszentrum «Patriot» in der Nähe von Moskau stattfand.
Weiterhin kooperieren Firmen aus Russland und Myanmar im privaten Bereich von Mode und Schmuck. Seit 2018 arbeitet das russische Modehaus von Uljana Sergejenko mit Ravi Lunia, dem Direktor von Faidee, zusammen. Die Firma Faidee ist auf die Verarbeitung von Rubinen aus Myanmar spezialisiert. Gemeinsam präsentierten sie ihre Kreationen während der Haute Couture Modewoche am 3. Juli 2018 in Paris.
Viele Tempel im ganzen Land:
Uljana Sergejenko über die Zusammenarbeit mit Faidee: «Es war eine große Freude, mit meinem lieben Freund Ravi Lunia an dieser unglaublichen Kollektion zu arbeiten. Er ist ein wahrer Künstler». Ravi Lunia sagte: «In Kooperation mit Uljana Sergejenko war es selbstverständlich, eine gemeinsame Kollektion zu schaffen, die den raffinierten Geschmack und Stil von Uljana mit der Leidenschaft von Faidee für Rubine aus Myanmar und mit handwerklichem Können vereint» (CITY LIFE PRESS, 04.07.2018).
Nach Paris wurde die Kollektion von Faidee und Uljana Sergejenko in Monte Carlo im Salon Belle Epoque des Hotels Hermitage während der Schmuckausstellung vom 31. Juli bis 17. August 2018 gezeigt:
„Während einer Gala im Salon Belle Epoque am 2. August wurde Gästen und Prominenten eine exklusive Sammlung von Faidee-Schmuck präsentiert, gefolgt von der Vorführung der gemeinsamen Kollektion Uljana Sergejenko & Faidee. Eine Reihe russischer Prominenz war anwesend, darunter Vera Breschnewa, Swjetlana Bondartschuk, Nadjeschda Obolezewa, Natalja Jakimtschik, Irina Milowa, Olga Sluzker, Galina Agapowa, Jekaterina Smirnowa, Olga Krutaja“ (THE JEWELLERY INFLUENCER, 03.08.2018).
Modenschau von Uljana Sergejenko und Rubinschmuck von Faidee in Monte Carlo:
Rubine aus Myanmar zeichnen sich durch ihre intensive Farbe aus, die oft als „Taubenblut“ bezeichnet wird. Sie zeigt Fluoreszenz und strahlenden Glanz. Das legendäre Tal von Mogok in Myanmar ist weltweit der wichtigste Fundort für Rubine von allerhöchster Qualität. Mogok, eine Stadt im Distrikt Pyin Oo Lwin der Mandalay Division, befindet sich 200 Kilometer nördlich von Mandalay. Mogok wurde 1218 von drei Jägern gegründet, die Rubine am Fuß eines eingestürzten Bergs entdeckten. Im Jahr 2018 feierte Mogok den 800. Jahrestag seiner Stadtgründung.
„Im Lauf der Geschichte schätzten Monarchen vieler Kulturen und Nationen den Rubin als königliches Symbol für ewige Schönheit, Reichtum und Macht. Im Orient galt der Rubin als Talisman mit besonderen Kräften für Glück. Rubine zu schenken war ein Ausdruck von Liebe und anhaltender Hingabe. Darüber hinaus ist der Rubin der Geburtsstein für die im Juli Geborenen. Er stärkt Körper und Seele, er schützt vor Gefahr und Übel“ (Ravi Lunia, Faidee.com).
Ravi Lunia präsentiert Rubinschmuck von Faidee:
„Seit mehr als tausend Jahren werden Fabeln und Legenden über die Minen in Myanmar erzählt, in welchen sich große Mengen glückverheißender roter Edelsteine befinden. In zahlreichen Berichten der gemologischen Literatur wird die Reinheit von Rubinen aus der Region Mogok gewürdigt. Über diese kostbaren Edelsteine war jedoch lange Zeit in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt. So blieben sie viele Jahrhunderte lang ein streng gehütetes Geheimnis.
Im Lauf der Zeit kamen diese Geschichten über die Wunder Myanmars allmählich zutage. Sie zogen Entdecker, Reisende und Künstler aus aller Welt an. Durch seine Produktion legendärer Rubine ist und bleibt Myanmar ein geheimnisvolles Land der Mysterien. Seine reiche Kulturgeschichte, großartige Architektur und die fast magischen Juwelen werden Myanmar für immer einen Platz in den Herzen und Köpfen kommenderGenerationen garantieren“ (Ravi Lunia, Faidee.com).
Genauso wie Myanmar besitzt auch die Russische Föderation eine große Menge an Edelsteinen, zum Beispiel Diamanten in Jakutien und Smaragde im Ural. Die Brillanz Myanmars und Russlands macht diese beiden verbündeten Länder wertvoll und zeichnet sie aus. Myanmar und Russland werden gute Freunde bleiben für viele kommende Generationen.
Olivia Kroth: Die Journalistin und Autorin von vier Büchern lebt in Russland.
Ihr Blog:
https://olivia2010kroth.wordpress.com
Danke für den sehr interessanten und hoch aktuellen Artikel. Brecht und Weil haben die Stadt Mandalay schon vor vielen Jahren mit dem «Mandalay-Song» unsterblich gemacht.
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Lotte Lenyas Stimme ist grossartig. Dieses Lied, den «Mandalay-Song», kannte ich noch nicht. Wider Erwarten ist mein Artikel nun tatsächlich hochaktuell geworden, nach dem «Militärputsch» in Myanmar.
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Lieber Wolfgang, vielen Dank für Deinen Kommentar und den Abdruck meines Artikels auf Deinem Blog.
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